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Erlebnisbericht: Entwicklungsverzögerung

Die Tochter einer aus Äthiopien eingewanderten Familie, die mittlere von drei Schwestern, entwickelte sich nicht so wie andere Kinder. Sie begann erst spät zu laufen, sie sprach wenig und lernte auch andere Dinge langsamer als andere Kinder im gleichen Alter. Aber sie war ein freundliches, offenherzige Mädchen und bemühte sich mitzukommen. Im Kindergarten lief sie daher so mit, keiner nahm ihr Problem wirklich zur Kenntnis. Die Eltern machten sich große Sorgen, doch sie wussten selbst nicht so recht, wohin sie sich wenden sollten.

Dann stand die Einschulung vor der Tür und mit ihr die zahlreichen Tests und Untersuchungen. Jetzt gab es auch einen Termin beim SPZ. Schließlich stand die Diagnose fest: entwicklungsverzögert, mindestens zweieinhalb Jahre. Man riet zur Förderschule. Also machten sich die Eltern auf den Weg. Sie wurden dort freundlich und einfühlsam empfangen, auch hier machte man Tests, prüfte, was sie kann und wo sie steht. Die Förderlehrerin nahm sich viel Zeit, erklärte den Eltern ausführlich und nachvollziehbar den Sachverhalt. Und beruhigte die Eltern, dass ihre Schule ja speziell für solche Kinder da sei, dass ihr Kind dort gut aufgehoben wäre und machte die Anmeldeformulare gleich fertig.

Nach einem Jahr Schule zeigte sich dann doch so langsam, dass die Kleine ihre Freunde vermisste, dass sie traurig war, wenn ihre Geschwister und die Nachbarskinder gemeinsam in der Frühe zur Schule gingen und sie den Bus in die Förderschule nehmen musste. Sie war mit acht Schülern in einer Klasse, aber die sprachen nicht mit ihr, die spielten auch nicht so mit ihr, wie sie es mit ihren Freunden gewohnt war. Sie war oft traurig und weinte. Den Eltern zerriss es das Herz und sie suchten nach einem Platz in einer allgemeinen Grundschule.

Die Eltern informierten sich mit Hilfe der ortsnahen Elterninitiative welche Optionen es noch für Ihre Tochter geben konnte. Es stellte sich heraus, dass Sie durch die Diagnose des Mädchens einen gesetzlichen Anspruch auf eine Schulbegleitung für den Besuch einer Regelschule Ihrer Tochter hatten und damit auf eine inklusive Beschulung.

Also wandten Sie sich an das Schulamt und das zuständige Sozialamt um den Schulwechsel zu beantragen. Dort reagierte man zögerlich, spielte auf Zeit und riet vom Schulwechsel ab und förderte immer mehr Auskünfte der Familie. Erst als diese sich an den größten Träger der Region der Schulassistenz anbot wendete, sich dort beraten und beim Schriftverkehr unterstützen ließ war Hoffnung in Sicht. Mit der schlussendlichen Hilfe eines aus der ortsnahen Elterninitiative stammenden Rechtanwaltes und dem Drohen mit einer Klage, kam es zur Bewilligung und zum Schulwechsel.

Das Mädchen geht heute in die 4. Klasse an einer Gesamtschule und wird den ganzen Schultag von einer Schulbegleitung unterstützt. Sie geht jeden Tag gerne zur Schule und kann durch auf sie zugeschnittene Arbeitsmaterialien und -Aufträge den Unterrichtsstoff gut bewältigen. Auch in Klassenarbeiten schneidet sie durch den ihr zustehenden Nachteilsausgleich im guten Mittelfeld ab. Die Familie ist heute noch in der Elterninitiative engagiert und hilft anderen Betroffenen auf ihrem Weg zu einer inklusiven Beschulung.

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